Dass der Widerstreit der Erzählungen das künstlerische Geschäft belebt, zeigt Jochen Hicks Dokumentarfilm ‚Der Ost-Komplex‘ (Panorama). Der widersteht nämlich der Versuchung, die Stasi-Opfer-Zeitzeugengeschichte zu verfilmen, mit der Mario Röllig heute in Schulen und auf CDU-Veranstaltungen DDR erklärt. Bei aller Vertrautheit mit seinem Protagonisten hält Hick immer wieder antagonistische Vergangenheitsentwürfte gegeneinander (Vera Lengsfeld, die gegen Egon-Krenz-Lesungen demonstriert), um auch die mitunter komische Nähe der beiden scheinbar weit voneinander entfernten Erinnerungsfraktionen vorzuführen, die auf die DDR als Legitimationsgrund bis heute angewiesen sind.

Matthias Dell, Neben dem Schirm – Der Freitag (16.02.16)